Wir haben jetzt schon mehrfach gehört, wie unser System der Alterssicherung funktioniert: Die AHV soll gemäss Bundesverfassung die Existenz sichern. Die AHV soll, zusammen mit der Rente, im Alter die Weiterführung eines Lebens im gewohnten Rahmen ermöglichen, und alle, für die das nicht der Fall ist, sollen Ergänzungsleistungen beantragen können.
Ich möchte das gerne ein bisschen aus kommunaler Sicht beleuchten. Ich bin jetzt seit 14 Jahren als Gemeindepräsident für die Finanzen der Gemeinde verantwortlich, und jedes Mal denke ich bei der Rechnung: So, jetzt müssen dann die Ergänzungsleistungen sinken, jetzt gibt es ja immer weniger Personen, die noch keine zweite Säule haben! Das Gegenteil ist der Fall: Die Ergänzungsleistungen wachsen jedes Jahr. Die Renten halten eben nicht Schritt mit den steigenden Miet- und anderen Lebenshaltungskosten. Das bedeutet für unsere Gemeinde, dass 15 Prozent der über 64- bzw. 65-Jährigen Ergänzungsleistungen in Anspruch nehmen müssen, und zwar im Durchschnitt 24 000 Franken pro Jahr; bezogen auf alle Personen im Rentenalter sind das jährlich 3300 Franken. Damit liegen wir ziemlich genau beim Durchschnitt. Landesweit heisst das, dass für etwa ein Drittel der Personen im Pensionsalter die AHV die einzige Einnahmequelle ist. Das bedeutet, dass 500 000 Personen darauf angewiesen sind, dass sie noch zusätzlich unterstützt werden. Ich erlebe tagtäglich Personen im Gemeindehaus, die kommen, um Ergänzungsleistungen zu beantragen.


Die Ergänzungsleistung ist eine Bedarfsleistung, das heisst, Anspruchsberechtigte haben die Verantwortung für die Darstellung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse auf sich zu nehmen. Eine bedarfsabhängige Leistung ist zwar schon richtig, aber für die Betroffenen alles andere als angenehm. Das bedeutet nämlich, dass die betreffenden Personen von dem Moment an nicht mehr selbstbestimmt über ihre eigenen Mittel verfügen können. Es ist auch so, dass nicht alle Anspruchsberechtigten Antrag stellen: Sie empfinden es als Bittgang, und sie schränken sich lieber ein, essen weniger, gefährden ihre Gesundheit.
Auch das Beschaffen der Unterlagen ist nicht einfach. Im Kanton Zürich füllt man ein sechsseitiges Formular aus, und bei jedem Punkt steht dann: Belege, Ausweise, Verträge, Abrechnungen beilegen. Nur schon bis man alle Unterlagen beisammen hat, ist das eine grosse Anstrengung. Es ist ein verfassungsmässiger Anspruch, aber es ist halt so ausgestaltet, dass es immer noch daherkommt, als wäre es die Gnade des Staates, die hier hilft - und es ist mit grossem Verwaltungsaufwand verbunden. Sie werden sicher nicht betroffen sein, ich weiss aber auch nicht, ob Sie sich in die Personen einfühlen können, die den Gang auf das Sozialamt auf sich nehmen müssen. Wer lebenslang gearbeitet hat, soll doch ein würdiges Leben im Alter haben - ohne Gang auf das Sozialamt, ohne die Bedingungen für die Ergänzungsleistungen erfüllen zu müssen.
Wenn Sie die Volksinitiative "AHP plus" unterstützen, werden wir erreichen, dass weniger Personen auf Ergänzungsleistungen angewiesen sind. Das führt auch bei den Gemeinden und Kantonen zu Einsparungen bei den Ergänzungsleistungen und beim Verwaltungsaufwand. Darum appelliere ich auch an die Vertreter im Rat, die auf kommunaler Ebene aktiv sind, mit der Stärkung der AHV die Gemeinden zu entlasten. Gerne singen Sie ja das Hohelied der Eigenverantwortung. Schaffen Sie doch die Voraussetzungen dafür, dass mehr Personen im Alter eigenverantwortlich handeln können, weil ihnen mehr Mittel zur Verfügung stehen. Es ist auch die Anerkennung der älteren Generation für den geleisteten Beitrag zum Wohlstand der Schweiz. Auch wenn einige dieser Generation nur ein kleines Einkommen hatten und heute nur eine kleine Pension haben, sie alle haben ein würdiges Leben im Alter verdient.
Die Volksinitiative "AHV plus" mit der zehnprozentigen Erhöhung der Rente bringt nur eine Abmilderung der Probleme. Sie zeigt aber die Richtung auf, in die wir gehen müssen. Ich bitte Sie, diese Initiative zu unterstützen.