Geld kann das Unrecht nicht rückgängig machen. Menschen sind erniedrigt, ausgebeutet, im eigenen Willen gebrochen, in ihrer körperlichen und geistigen Integrität schwer verletzt worden. Bis 1981 wurde Menschen ihre Würde genommen, ohne dass sie die Möglichkeit hatten, sich dagegen zu wehren.

Gerade weil es die Verpflichtung des Staates, der Gemeinschaft ist, die Würde eines jeden Menschen zu achten und zu schützen, sind die Vergehen in der Vergangenheit unentschuldbar. Auch wenn vielen Personen in den Behörden, die diese fatalen Entscheide gefällt haben, keine boshafte Absicht nachgewiesen werden kann, allenfalls sogar gutgläubiges Handeln Ursache dafür war, sie innerhalb der Rechtordnung handelten, so bleiben die Urteile ein Unrecht an Würde des Menschen. In der Folge sind schwierige Lebensläufe vorgezeichnet worden, die Selbstachtung ging verloren und Hilferufe blieben ungehört.

 

Wir können das Unrecht nicht ungeschehen machen, aber wir können uns als Gesellschaft unserer Verantwortung bewusst sein und das wieder gut machen zu versuchen, was heute, so viele Jahre später, noch möglich ist. Zuerst im menschlichen und gesellschaftlichen Umgang mit den Geschehnissen, dann auch im wirtschaftlichen Bereich.

Gerade deshalb ist das Bundesgesetz über die Aufarbeitung so wichtig. Es anerkennt das Unrecht, sorgt für Unterstützung bei der Rehabilitation und wissenschaftlicher Aufarbeitung und leistet einen bescheidenen Solidaritätsbeitrag.

Als Vertreter einer Gemeinde - und lange Jahre im Schulamt, weiss ich, in welcher Atmosphäre Vormundschaftsbehörden wohlmeinende oder auch strafende Urteile gefällt haben. Bis 1981 ohne Möglichkeit, Rechtmittel gegen das Urteil ergreifen zu können.

Die wissenschaftliche Aufarbeitung ist deshalb enorm wichtig und die Diskussion über die Erkenntnisse daraus soll mithelfen, dass sich systematische Verletzungen der Menschenwürde nicht wiederholen; bei Betagten, bei Menschen mit Behinderung, bei verhaltensauffälligen Jugendlichen, wo die Würde und die Selbstbestimmung leicht der Wirtschaftlichkeit geopfert wird.

Ich habe vorhin ausgeführt, dass zugefügtes seelisches Leid nicht entschädigt werden kann. Auch die wirtschaftlichen Schäden wären in gewissen Fällen nur mit sehr grossen Summen ersetzbar. Darauf verzichtet das Bundesgesetz, es beschränkt sich auf eine symbolische Anerkennung des Schadens. Wenn einem jungen Menschen eine Ausbildung verwehrt wurde, so sind Berufskarrieren - und damit ein anständiger Lohn und den Aufbau eines Altersguthabens, nie möglich geworden. Die vorgesehenen Solidaritätsbeiträge, die in der Summe auf 300 Mio, begrenzt sind, werden ein Tropfen auf den heissen Stein bleiben, umso mehr als viele Anspruchsberechtigte betagt und in ihrer Mobilität eingeschränkt sind.

Das Parlament schickt sich an, mit der Unternehmenssteuerreform III die Bundeskasse jährlich um 4 Milliarden Franken zu erleichtern. Dem gegenüber werden für die Wiedergutmachung während 4 Jahren 300 Mio. zur Verfügung gestellt, wahrlich nicht gerade eine grosszügige Summe - nur ein symbolischer Akt halt.

Es bleibt eine bescheidene Wiedergutmachung, umso einstimmiger sollte dem Bundesgesetz und dem Bundesbeschluss zugestimmt werden.