Am 3. März 2013 wurde die Revision des Raumplanungsgesetzes (RPG) mit 62,9% Ja-Stimmen angenommen. Ziel der Gesetzesänderung war es, durch die Förderung einer kompakte Siedlungsentwicklung die Zersiedelung in der Schweiz zu bremsen. Dazu sollen zu grosse Bauzonen verkleinert und bestehendes, brachliegendes Bauland effizienter genutzt werden.

Die Änderung des Raumplanungsgesetzes war der indirekte Gegenvorschlag auf die 2008 eingereichte «Landschaftsinitiative». Auch diese hatte zum Ziel, die Zersiedelung in der Schweiz zu bremsen. Sie verlangte, dass die Gesamtfläche der Bauzonen in der Schweiz während 20 Jahren nicht anwachsen dürfe. Sie wurde zurückgezogen, in der Hoffnung, dass das RPG eine raumschonende Wirkung erzielen würde.

Wie nimmt die Bevölkerung nun 5 Jahre nach Annahme des revidierten RPG dessen Wirkung wahr? Nach wie vor werden grüne Wiesen überbaut, in Landwirtschaftszonen grosszügig neue Bauten erstellt und nicht mehr benötigte landwirtschaftliche Bauten umgenutzt.

Die Bevölkerung ist besorgt - je nach politischer Einschätzung können verschiedene Volksabstimmungen als deutliche Zeichen dafür interpretiert werden, dass die Bevölkerung nicht mehr akzeptiert, dass zwar Grundsätze zur Siedlungsentwicklung aufgestellt werden; eine Wirkung daraus aber kaum erkennbar wird: Von der Kulturlandinitiative im Kanton Zürich, der Bodeninitiative im Kanton Basel oder der Zweitwohnungsinitiative – in vielen Kantonen und Gemeinden wird diskutiert, wie eine andere Bodenpolitik auszusehen hat und  es werden Änderungen gefordert.

Dafür, wie ein Einzonungsverbot wirkt, haben wir ein anschauliches Beispiel aus dem Kanton Zürich.

Im Kanton Zürich wurde im Juni 2012 die Kulturlandinitiative von der Bevölkerung deutlich angenommen. Alle nicht rechtskräftig einer Bauzone zugewiesenen Flächen sollten geschützt sein. Der Regierungsrat beschloss daraufhin ein Einzonungsmoratorium. Dieses dauerte fast 5 Jahre, bis nämlich wiederum das Volk mit der Ablehnung der Umsetzungsvorlage die Forderungen der Kulturlandinitiative wieder aufhob, weil der revidierte Richtplan gewisse Ziele aufgenommen hatte.

5 Jahre ohne Einzonungen - ist der Kanton Zürich untergegangen? Wurde weniger gebaut? Natürlich sind einige Vorhaben, die auf Einzonungen basierten, blockiert gewesen. Nüchtern betrachtet, kann aber festgehalten werden, dass kein Schaden entstanden ist, im Gegenteil, der Wert der eingezonten, schlecht ausgenutzten Areale haben einen höheren Stellenwert erhalten und somit etwas zur effizienteren Nutzung des bestehenden Siedlungsgebietes beigetragen.

Nun heisst es, die Initiative sei abzulehnen, weil die Umsetzung des RPG und deren Wirkung abgewartet werden soll: Im RPG hat es einen Konstruktionsfehler, der die Zersiedlung auch in Zukunft nicht stoppen wird: Art 15 Abs 4 lit b lässt zu, dass je mehr und je flächenintensiver gebaut wird, desto mehr neues Bauland eingezont werden kann, denn es soll immer ein Überbauungsvorrat für 15 Jahr bestehen. Damit wird kaum eine bodenschonende, effiziente und verdichtete Bauweise gefördert. Insbesondere bei Industrie- und Gewerbeflächen, aber auch beim Wohnungsbau, ist eine effizientere Nutzung zwingend nötig. Wir können nicht einfach einzonen, nur weil gerade Aldi auf der grünen Wiese, eingeschossig und mit einem grossen Parkplatz bauen will.

Eine Koordination der Ein- und Umzonungen wäre auch über die Kantonsgrenzen hinweg wichtig. Dem Bund fehlen ihm RPG aber die Kompetenzen dafür, damit er dem Landverschleiss, wie ihn die Kantone selber bestimmen, wirkungsvoll begegnen kann. Dafür muss er entsprechende Instrumente schaffen.

Die Volksinitiative gegen die Zersiedlung schlägt darum wirkungsvolle Ziele vor. Sie will nicht verhindern, sondern neue Möglichkeiten zur qualitativen Verbesserung Siedlungsentwicklung eröffnen.

Auch für mich ist es unschön, dass die Forderungen in einem solchen Detaillierungsgrad in die Verfassung geschrieben werden sollen. Ich hatte es vorgezogen, wenn das Parlament die Ziele im Gesetz hätte konkretisieren können. Wie das Beispiel der Kulturlandinitiative im Kanton Zürich aber gezeigt hat, schadet eine Denkpause nicht. Und geeignete Areale für eine prosperierende Entwicklung - sowohl für die Wirtschaft wie den Wohnungsbau - stehen noch auf Jahre hinaus genug zur Verfügung. Deshalb unterstütze ich die Volksinitiative gegen die Zersiedlung.

Votum im Nationalrat zur Zersiedlungsinitiative am 7.6.2018