März 2010 - Die Krise, ausgelöst durch die Finanzwirtschaft, hat es uns exemplarisch gezeigt: Lieber streiten sich die Politikerinnen und Politiker darum, wer wann welchen Fehler begangen hat, als dass sie eine Strategie entwickeln würden, wie im schwierigen internationalen Umfeld Arbeitsplätze gerettet und das Ansehen der Schweiz zurückgewonnen werden könnte. Ach, sollen sie doch eine PUK einsetzen, doch damit ist noch keines der grundlegenden Probleme gelöst. Wie stellen wir jedoch sicher, dass die Banken nur noch ethisch vertretbare Geschäfte tätigen? Eine neuerliche Schlaumeierei zum Schutz der Steuerhinterziehenden wird über kurz oder lang zu weiteren zwischenstaatlichen Verstimmungen führen. Und der skandalösen Abzockerei unserer sogenannten „Wirtschaftsführer“, die immerhin für die Finanzkrise mitverantwortlich sind, werden damit auch keine Grenzen gesetzt.

 

 

„«Gouverner, c'est prévoir», sagte der französische Publizist, Verleger und Politiker Emile de Girardin im 19. Jahrhundert.“  „Voraus schauen“ ist aber einiges schwieriger als sich gegenseitig die Schuld zuschieben an irgend einer fehlerhaften Entwicklung. Bezüglich der Finanzkrise hätte es doch genügend Anzeichen gegeben, die uns auf die Risiken aufmerksam gemacht haben: Da waren einmal die Boni und die Gehälter einzelner Verwaltungsräte, die in keinem Zusammenhang mehr mit der Leistung gestanden haben. Auch Alt-Bundesrat Rudolf Friedrich, FDP, empörte sich ab der Raffgier der Manager. Es gebe gar keine Leistung, die ein Gehalt von einer Million rechtfertigen würde, meinte er. Da waren zudem die Rendite-Versprechen, die Rendite-Erwartungen und später die Rendite-Forderungen der Financiers, - immer höher, weit über 10% musste es schon sein. Wiederholte Auszahlungen in dieser Höhe können sicher nur über mit einem Substanzverlust der Firma finanziert werden. Und zuletzt kamen die Anlage-Konstrukte dazu, die niemand mehr verstanden hat, die auf virtuellen oder hypothetischen Werten beruhten; ein Hohn für alle Arbeitnehmerinnen und alle Arbeitnehmer, die mit Hand- oder Kopfarbeit zur Wertschöpfung ihrer Firma beigetragen haben.

 

Millionen von Menschen sind Opfer der unverfrorenen Gier der Finanzjongleure geworden: Die Arbeitslosen auf Grund der Rezession, die Pensionskassenversicherten wegen den Verlusten an den Aktienmärkten, die Menschen der zweiten und dritten Welt wegen den Absatzverlusten und den Kreditsperren der industrialisierten Welt. Die Gemeinden und die Kantone müssen nun die Arbeitsplatzopfer auffangen, während die Verursacher der Krise sich bereits wieder an den Bonus-Töpfen der Konzerne bedienen.

 

Die ganze Zeit zwischen dem Höhepunkt der Krise und der zaghaften Entspannung heute haben die Vertreter der bürgerlichen Mehrheit in den eidgenössischen Parlamenten nutzlos verstreichen lassen. Nur wenige, wie Alt Bundesrat Friedrich haben vorausgeschaut, blieben aber wie einsame Rufer in der Wüste ungehört. Wie oft müssen sich die Folgen der Lohnexzesse wiederholen, bis die Gesetzgeber „voraus schauend“  dieser Selbstbedienungsmentalität  Grenzen setzt?

 

An der Gemeindeversammlung werde ich dann wieder erklären müssen, wieso die Kosten für die Sozialhilfe und für die Arbeitsintegration anwachsen. Und wieso die öffentliche Hand auf Grund der fehlenden Steuereinnahmen auch nicht mehr Investitionen tätigen kann, um Aufträge ans Gewerbe auszulösen. Leider ist dieses Vorausschauen nicht sehr kreativ; dass sich aber an der Haltung unserer Wirtschaftsführer bald etwas ändert, ist ebenso unwahrscheinlich.