Juli 2010 - Letzthin bin ich wieder einmal auf den Altberg gewandert. Zugegeben, den neuen Aussichtsturm zu sehen war Anziehung genug und schleunigst bin ich hinauf gekraxelt. Welch wunderbarer Ausblick übers Limmattal, die Stadt und unser schönes Unterland. Wer wie ich im Alltag in den städtischen Agglomerationsgemeinden verkehrt, erhält erst mit der Gesamtschau in luftiger Höhe wieder bestätigt, wie vielfältig das Unterland ist. Da erblicke ich zusammenhängende freie Landschaften und bewaldete Berghänge. Und mitten drin wie Inseln zeigen sich die Zeugen unsere Zivilisation: die Tanklager von Oberhasli, das Industriegebiet von Buchs-Dällikon und die Quartiere von „Neu-Otelfingen“.

 

Ist es im Leben nicht ähnlich? Ab und zu trete ich aus dem Alltagstrubel hinaus und versuche die Fragen, die einer Beantwortung harren, aus der nötigen Höhe zu überblicken. Wir beschäftigen uns an den Gemeinderatssitzungen mit Bewilligungen für Balkongeländer, Kanalisationsdurchmessern, Robi-Dog Standplätzen, Vernehmlassungsantworten zu Vorordnungsanpassungen, Ersatz von Computerdruckern, Aktualisierung von Gebührenverordnungen und dem Vollzug von Anweisungen der Kantonsregierung. Wann aber suchen wir Gemeinderäte die Antworten auf Fragen, die uns durch die zukünftige Entwicklung unserer Gemeinde gestellt werden? Welche Möglichkeiten bestehen, die Entwicklung mit zu beeinflussen? Wie kann die Bevölkerung in die Entscheidungsfindung einbezogen werden, - wenn sie sich überhaupt motivieren lässt(Teilnahme an der letzten Gemeindeversammlung etwa 2 Prozent der Stimmberechtigten)?

Ich bin ausserordentlich froh, dass es uns vorletzten Monat immerhin gelungen ist, uns eineinhalb Tagen zu reservieren und uns mit diesen Zukunftsfragen zu beschäftigen.

An die hundert Stufen führen mich auf dem Altberg hinauf zum herrlichen Rundblick. Die Idee mit der Plattform knapp über den Baumwipfeln ist wirklich sehr gelungen. Das elegante Bauwerk fügt sich wunderbar in den Wald ein und trotzdem wird der Rundblick nicht behindert. So verweile ich ein wenig und lasse den Gedanken kann freien Lauf.

Im hektischen Alltagsgeschäft fehlt es oft an der Zeit und zu viele Entscheidungen müssen unter Zeitdruck gefällt werden. Besser werden solche Beschlüsse dadurch nicht, besonders nicht, wenn sie weitreichende Folgen für die Gemeinwesen haben; etwa wie sich die Siedlungsflächen, die Erholungsräume und die freien Landschaften verändern sollen, wie und welche Verkehrsinfrastrukturen die zusätzlichen Mobilitätsbedürfnisse befriedigen sollen und welchen Beitrag die Gemeinde an die Minderung des Co2-Ausstosses leisten kann. Wäre es nicht sinnvoll, wir könnten die Lösungen wie hinauf zum Altberg-Ausguck Schritt für Schritt zusammen mit allen Betroffenen finden. Denken wir an die Entscheide zum wachsenden Bedarf in der Alterspflege, die nicht mit den Betagten sondern durch die Sparapostel allein gefällt werden; oder die Tagesstrukturen im Vorschul- bzw. Schulalter und etwa die Anschlusslösungen für Jugendliche ohne Arbeit. Finden wir Lösungen für die individuellen Nöte oder begnügen wir uns mit pauschaler Schuldzuweisung und der Klage nach fehlender Eigenverantwortung.

Ich empfehle Ihnen herzlich: Nehmen auch Sie sich die Zeit und wandern Sie auf den Altberg, oder die Lägern oder den Bachtel. Lassen Sie den Blick schweifen und geniessen Sie den Blick von oben. Ach ja, - und behalten Sie den Überblick.

 

Thomas Hardegger