Zürcher Unterländer Online

Freitag, 20. Juli 2012

Thomas Möckli / Urs P. Gasche

ZÜRICH. Weil die lärmgeplagte Zürcher Bevölkerung Pistenverlängerungen ablehnen könnte, versucht eine Bundesbehörde, die Entscheidungsmacht über den Flughafen auf die nationale Ebene zu holen.

Über die neusten Absichten des Bundesamtes für Luftfahrt (Bazl) sind nicht nur die Fluglärmgegner im Osten empört. Ein jüngst bekannt gewordener Workshop mit dem Ziel, den Einfluss des Bundes bei Flughafenausbauten zulasten Zürichs zu stärken, stösst auch bei den Bevölkerungsvertretern anderer Regionen und den politischen Parteien auf Unverständnis.

Vom Bazl nach Bern geladen waren diesen Winter, und noch bevor der Bundesrat den Staatsvertrag mit Deutschland aushandelte, sämtliche massgebenden nationalen Aviatikkreise und kein einziger Vertreter der Flughafenregionen. Die Vertreter des Bazl, des Flughafens sowie anderer Organisationen wollten unter sich ausmachen, wie sie das Luftfahrtgesetz im Rahmen einer anstehenden Teilrevision geändert haben möchten. Unter anderem will das Bazl über die Flughafenkonzession festlegen lassen, «wie das Pistensystem zu gestalten und zu dimensionieren ist, und wie die grundsätzlichen Anund Abflugrichtungen liegen...»

 

Konkret heisst das: Der Bund will die alleinige Kompetenz für gemäss Staatsvertrag nötige Pistenverlängerungen. Zürichs entsprechendes Vetorecht soll durch die Mehrheit von Nationalund Ständeräten aus anderen Kantonen ausgehebelt werden. Die Frage, wer den zu erwartenden, zusätzlichen Fluglärm er-hält, würde an der Berner Aare und nicht zwischen Thur und Zürichsee entschieden.

Osten und Süden erzürnt

«Eine Katastrophe für die Demokratie und eine doppelte für den Osten», sagt Franz Brunner, Vizepräsident der (Flughafen-)Region Ost. Ähnlicher Meinung, aber wenig verwundert ist Thomas Morf, Präsident von «Flugschneise Süd Nein»: «Wir sind es uns gewohnt, dass die Airline-Industrie, vom Bazl unterstützt, alles tun kann, was sie will.» Morf befürchtet, dass das Bazl die in Zürich umstrittenen Pistenverlängerungen ohnehin «per Sicherheitsdekret verordnen» wird, wenn die Stimmbevölkerung sie dereinst zurückgewiesen habe. Selbst Christian Bretscher, ehemaliger FDP-Kantonsrat und Geschäftsführer von Pro Flughafen, fände eine solche Kompetenzverlagerung «einen grossen Verlust». Denn es gehöre zu den Stärken des Flughafens, dass er nicht gegen, sondern mit dem Volk betrieben wird, auch wenn dies manchmal mühsam sei. Diese Stärke würde aufgegeben. Bretscher ist als federführender Initiant einer geplanten Volksinitiative zwar für den Ausbau der Pisten. Er will aber sicherstellen, dass das Volk das letzte Wort hat.

Auch Nationalräte wie Thomas Hardegger (SP) oder Alfred Heer (SVP) versprechen, sich in Bern zur Wehr zu setzen, wenn das Vorhaben des Bazl Furore machen sollte. (Mehr in der Printausgabe)