US Steuerdeal - Wer erpresst wen?

NZZ am Sonntag - 16. Juni 2013

SP-Abweichler geben Hoffnung nicht auf

Die SP gibt sich hart und sagt Nein zur «Lex USA». Die Zahl der Abweichler scheint zu klein für ein Ja. Nun bereitet sich die Verwaltung auf den Plan B vor.  Fabian Fellmann, Daniel Friedli

Auch wenn der Bundesrat einen grossen Schritt in Richtung automatischer Informationsaustausch gemacht hat – die Chancen für ein Ja zur

sogenannten «Lex USA» hat er damit nicht erhöht. «Die SP lehnt das Gesetz nach wie vor ab», sagt Vizepräsidentin Jacqueline Fehr. «Andere

Geschäfte spielen für uns dabei keine Rolle.» Auch Enthaltung sei keine Option. Die Konsequenzen des Gesetzes und des Bussenprogramms seien nicht abschätzbar und möglicherweise gravierend, sagt Fehr. Zudem habe der Bundesrat nicht schlüssig darlegen können, wieso es das Gesetz zurvLösung des Streits zwingend brauche. Sie sei an einem Anlass der Zürcher Kantonalbank eher darin bestätigt worden, dass eine Lösung auch auf dem bisherigen Weg möglich und für viele Banken – darunter die ZKB – besser sei.

 

Die offizielle Position der SP wird indes auch im Nationalrat nicht von allen geteilt. Die Thurgauerin Edith Graf-Litscher etwa will Ja stimmen, weil die Banken so ohne staatliche Hilfe für ihre Sünden geradestehen müssten: «Sie sollen für die Folgen ihrer Gesetzesverstösse selbst aufkommen und nicht mehr Verluste auf die Allgemeinheit überwälzen.» Offen zum Ja steht auch der Waadtländer Jean-Christophe Schwaab; der Basler Beat Jans hat in der Kommission zugestimmt.

Daneben gibt es eine Reihe von Nationalräten, welche vor ihrem Entscheid die Fraktionssitzung von morgen Montag abwarten wollen, allen voran die Zürcher Vertretung mit Jacqueline Badran («Tendenz Ja»), Thomas Hardegger («offen für beide Seiten») und Martin Naef («Tendenz Nein»). Der Genfer Manuel Tornare hat sich vom Eher-Nein- ins Eher-Ja-Lager bewegt, seine Kollegin Maria Bernasconi in die Gegenrichtung.

Für eine Ja-Mehrheit im Nationalrat würde es indes über 40 Abweichler aus SP, FDP und SVP brauchen. Bei der SP hoffen einige, dass ein klares Bekenntnis des Parlaments zum automatischen Informationsaustausch noch Bewegung in das Geschäft bringt. Die Möglichkeit dazu böte sich am kommenden Mittwoch, wenn eine SP-Motion für sofortige Verhandlungen über den automatischen Informationsaustausch zur Debatte steht. Dort müsse Mitte-Links «eine Front bilden, die das Land in eine gute Richtung bewegt», sagt der noch unentschlossene Jurassier Pierre-Alain Fridez (sp.).

Da bei FDP und SVP am Samstag aber keinerlei Bewegung zu erkennen war, gehen viele Politiker davon aus, dass der Nationalrat das Gesetz nächste Woche beerdigen wird. Spätestens dann wird die Frage nach einem Plan B akut. Den vorberatenden Kommissionen schrieb das Finanzdepartement, es gebe «keinen Plan B im Sinne einer anderen, vom geltenden Recht abweichenden Regelung». Allerdings sagte Bundesrätin Widmer-Schlumpf in den Anhörungen, man werde andere Wege suchen, um die verlangten Daten zu liefern. In der Verwaltung ist die Rede davon, dass der Bundesrat notfalls in einer Woche eine Verordnung vorlegen könnte. Ob dies reicht, um die USA zufriedenzustellen, darüber gehen die Vorstellungen auseinander.

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