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Fakten gegen die 5G-Panik

Der Widerstand gegen den neuen Mobilfunkstandard wächst. Die Angst davor ist aber unbegründet, wie zahlreiche Studien belegen.

Aktivistinnen und Aktivisten warnen mit Masken gegen den Ausbau des Mobilfunknetzes auf den 5G-Standard. Foto: Keystone/Alessandro della Valle

Aktivistinnen und Aktivisten warnen mit Masken gegen den Ausbau des Mobilfunknetzes auf den 5G-Standard. Foto: Keystone/Alessandro della Valle

Der neue Mobilfunkstandard 5G entwickelt sich zunehmend zum Schreckgespenst. Nach den Diskussionen um die Datensicherheit und eine mögliche Spionagegefahr durch den chinesischen 5G-Anbieter Huawei rückt nun die Sorge um gesundheitliche Auswirkungen in den Fokus.

Die Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz (Aefu) bekräftigten am Donnerstag ihre ­Forderung nach einem 5G-Moratorium. Davor hatten das Genfer und das Waadtländer Kantonsparlament Vorstösse an ihre Staatsräte überwiesen, die ein Innehalten beim Ausbau der neuen Technologie forderten.

Argumentiert wird mit dem Fehlen von unabhängigen wissenschaftlichen Studien zu gesundheitlichen Auswirkungen und den Vorbehalten der Menschen. Doch ist die Bevölkerung tatsächlich besorgt? 2015 empfanden jedenfalls laut einer Befragung des Bundes gerade mal zehn Prozent die Strahlung von Mobilfunkantennen als sehr oder eher störend.

Nicht zutreffend ist, dass es an Studien fehlt. Bei früheren Moratoriumsforderungen der Aefu vor 15 Jahren, als 3G (UMTS) eingeführt wurde, war die Kritik berechtigt. Inzwischen legen zahlreiche wissenschaftliche Studien nahe, dass die gesundheitlichen Risiken wegen des Mobilfunks und des neuen Standards 5G überschaubar sind.

 

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Das bestätigt einer der wichtigsten unabhängigen Experten in der Schweiz auf dem Gebiet Mobilfunk: «Es gibt keine Indizien dafür, dass 5G stärkere oder andere Auswirkungen hat als bisherige Netze», sagt Martin Röösli vom Schweizerischen Tropen- und Pub­lic-Health-Institut in Basel, der die beratende Expertengruppe «Nicht ionisierende Strahlung» des Bundes leitet.

Derzeit wird in der Schweiz der 5G-Ausbau mit 3,5 Gigahertz bei ähnlichen Wellenlängen vorangetrieben, die das bisherige 4G-Netz (LTE) verwendet. Die Daten werden im Wesentlichen einfach anders verpackt und fokussierter übertragen. Neue Gesundheits­gefahren entstehen dadurch nicht. Später sollen höhere Frequenzen hinzukommen, zuerst bei 25 Gigahertz, später bis 40 Gigahertz.

Weil in diesem Bereich die Wellenlängen kürzer sind, dringen sie weniger tief in den Körper ein und wirken nur noch auf der Haut. Auch Gebäude und selbst Luftfeuchtigkeit können die Wellen ausbremsen. Dadurch werden zwar mehr Antennen nötig. Gesundheitlich sind laut Röösli aber keine neuen Risiken zu erwarten.

Video: Chancen und Risiken von 5G

 

In Genf wurden erste Antennen gebaut. Es handelt sich aber erst um Testmodule. Video: SDA

 

Eine von 5G-Kritikern oft zitierte israelische Studie hat gezeigt, dass bei höheren Frequenzen Schweissdrüsen in der Haut die Wellen absorbieren – «wie Antennen». Das klingt dramatischer, als es ist. «Auf der Haut führt dies zu einer geringfügigen Erwärmung, was wir nicht wahrnehmen», so Röösli. Ähnliche Wärmestrahlung bei noch höheren Frequenzen (Infrarot), etwa der Sonne, von Feuer oder Heizungen, sind für den Menschen nichts Neues.

Es ist eine gute Nachricht, dass mit 5G keine neuen Gesundheitsrisiken zu erwarten sind. Denn auch für die bisherige Mobilfunknutzung finden sich nur wenig Hinweise auf mögliche Risiken. Röösli hat in der Zeitschrift «Hausarzt Praxis» unlängst den Stand der Forschung zusammengefasst:

 

    • Der Grossteil der Strahlungs­dosis stammt vom eigenen Mobiltelefon. Antennen spielen im Durchschnitt eine untergeordnete Rolle, weshalb sich eine Senkung der Grenzwerte kaum auf die Strahlenbelastung der Bevölkerung auswirken würde.

 

 

    • Bei einer intensiven Nutzung können biologische Effekte gemessen werden (zum Beispiel mehr Sauerstoffradikale, Veränderungen der Hirnströme). Ob diese zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen, ist sehr fraglich.

 

 

    • Hinweise auf eine mögliche Krebswirkung konnten nie zweifelsfrei bestätigt werden. Auch wurde weltweit keine Zunahme von Hirntumoren festgestellt. Wenn überhaupt eine Krebsgefahr bestehen sollte, ist die Erkrankungswahrscheinlichkeit gering.

 

 

  • In Doppelblindstudien konnte eine sogenannte Elektrosensibi­lität nicht nachgewiesen werden. Auch Langzeiteffekte wurden keine gefunden.

 

«Der Nachweis, dass etwas nicht vorhanden ist, ist in der Wissenschaft praktisch unmöglich», sagt Röösli. Es könne immer sein, dass man eine negative Wirkung verpasse. Doch die Zahl an Studien zu den Mobilfunkgefahren sei ­beträchtlich. «Grosse gesundheit­liche Risiken hätte man längst ­gefunden.»

(SonntagsZeitung)

Erstellt: 13.04.2019, 19:02 Uhr