Der Landbote

Dienstag, 20. September 2011

 

Auf der nationalen Bühne ist Thomas Hardegger (SP) kaum bekannt. Auf der kantonalen agiert er ruhig und unspektakulär, aber mit Sachverstand. Obwohl ein Linker, ist er als Präsident der SVP-Gemeinde Rümlang unbestritten und beliebt.

 

Als Regierungskandidat zog Thomas Hardegger SP-intern gegen den wendigen Mario Fehr den Kürzeren. Aber jetzt hat ihn die Kantonalpartei als Zugpferd für die Herbstwahlen eingespannt. Als Ständeratskandidat muss er sich im Schaukampf mit Politgrössen wie Christoph Blocher, Verena Diener oder Felix Gutzwiller behaupten – eine Aufgabe, die Hardegger nicht auf den Leib geschrieben ist. Er versucht, aus der Not eine Tugend zu machen, indem er sich vom politischen Showbusiness distanziert: «Für mich ist Politik kein Klamauk. Ich will als jemand gelten, der Inhalte transportiert. » Ganz umsonst müht sich Hardegger im Wahlkampf nicht ab. Ein Nationalratsmandat hat er damit auf sicher. Und vielleicht wird die SP bei künftigen Regierungswahlen wieder an ihn denken.

Undogmatisch in der Gemeinde

Seinen Leistungsausweis erarbeitete sich der 55-jährige ehemalige Reallehrer als Gemeindepräsident. Obwohl klar links stehend, schaffte Hardegger die erste Wiederwahl in Rümlang problemlos. In der Kommunalpolitik zählt eben das, was Hardeggers Stärke ist: beharrliche Kleinarbeit. Wer sich im Dorf umhört, bekommt mehrheitlich Positives über Hardegger zu hören: «Er kann zuhören und auf die Leute eingehen, auch wenn sie eine andere Meinung haben», sagt zum Beispiel Thomas Huber, Präsident der FDP-Ortspartei. «Er ist im Dorf beliebt. » Gegner werfen Hardegger sein rotes Parteibuch vor. Er unterstütze im Kantonsrat Gesetze, die sich negativ auf die Gemeinde auswirkten. SVP-Nationalrat Alfred Heer, der mit Hardegger im Kantonsrat sass, sagt: «Er ist umgänglich und kennt seine Dossiers gut.» Hardegger unterscheide sich von anderen Linkspolitikern durch seine ruhige und sachliche Art, linke Positionen einzubringen.

An diesen macht Hardegger wenig Abstriche, schlüpft aber nie in die Rolle des Provokateurs. Markus Bischoff, AL-Kantonsrat: «Hardegger plustert sich nicht auf, blendet und blufft nicht.» Ruhig und beharrlich setze er sich für seine Ideen ein. Hardeggers Ideen sind jene der SP. Er unterstützt eine nationale Erbschaftssteuer ebenso wie die Anhebung der kantonalen Vermögenssteuer für Leute mit einem Vermögen über zwei Millionen. Ungeschickt findet Hardegger einzig die Etikette «Bonzensteuer». «Was die Juso fordern, ist viel harmloser, als es der klassenkämpferische Titel vermuten lässt.» Hardegger kritisiert die Steuersenkungen, welche die bürgerlichen Parteien in den letzten zehn Jahren im Kantonsrat erzwangen. In seiner eigenen Gemeinde ist er undogmatisch und peilt aktuell sogar eine Steuersenkung an. «Wir können das, weil der Nachholbedarf nun erledigt ist.» Zuvor musste die Gemeinde die Steuern zweimal erhöhen, was laut Hardegger nötig war, um dringende Investitionen wie die Sanierung des Hallenbades, den Ausbau des Alterszentrums und den Werkhof zu finanzieren.

Einen soliden Job machte Hardegger als Präsident der Kommission Planung und Bau. Planen und bauen gehören zu seinen Kernthemen. Sie beschäftigen ihn auch in seinem zweiten Halbtagsjob als Immobilienverwalter. Hardegger besitzt eine Einmannfirma, die Fremdliegenschaften im Limmatund im Glattal verwaltet. Er selber wohnt in einer Eigentumswohnung in Rümlang – auf der lärmabgewandten Seite des Dorfes. Als er 1982 zuzog, lebte er mit seiner Familie in einem Haus, in dessen Nähe die startenden Flugzeuge vorbeidonnerten.

 

 

«Nicht mit Sparen die Konjunktur abwürgen» - Interview

Welches ist Ihre Stossrichtung in der Flughafenpolitik?
Thomas Hardegger: Das Wichtigste ist die Planungssicherheit. Wir warten in den Gemeinden seit Jahrzehnten darauf, dass wir unsere Entwicklungsmöglichkeiten kennen. Darum ist die Initiative zum Pistenausbauverbot so wichtig.

Verbaut man sich bei einem Verbot nicht Verbesserungsmöglichkeiten?
Nein. Die Verlängerung der Westpiste hätte tief greifende Folgen. Der Flughafen könnte den Hauptverkehr vom Norden auf die Ost-West-Achse verlagern – mit schlimmen Folgen für die Bevölkerung im Osten. Deutschland würde man gar eine Offerte zu deren Entlastung präsentieren.

Erstickt der Flughafen nicht im heutigen Pistensystem?
Nein, er kann sich innerhalb des jetzigen Systems genügend entfalten. Das zeigt der Blick in die Statistik: In den letzten zehn Jahren haben die Passagierzahlen, nicht aber die Flugbewegungen zugenommen. Der Flughafen hat noch eine Kapazitätsreserve von bis zu 80 000 Bewegungen (30 Prozent) pro Jahr.

Hat der freie Personenverkehr aus Ihrer Sicht keine negativen Folgen?
Doch, aber er ist dennoch unverzichtbar. Viele Betriebe könnten nicht überleben. Es fehlte an Personal etwa in der Pflege, auf dem Bau oder im ITBereich. Der Mangel würde zu Abbau führen und so auch Schweizer Arbeitsplätze gefährden.

Was kann die Schweiz gegen die negativen Folgen wie Wohnungsnot oder Lohndumping tun?
Den genossenschaftlichen Wohnungsbau fördern, gute Bedingungen für Genossenschaften schaffen, verdichtete Siedlungen bauen und dafür sorgen, dass Wohnungen und Arbeitsplätze wieder näher zusammenrücken. Letzteres reduzierte auch den Pendlerverkehr. Das Lohndumping muss man mit stärkeren Kontrollen und der Einführung von Minimallöhnen unterbinden.

Wie verhält sich die Schweiz am besten in einer Rezession?
Sie muss vor allem verhindern, dass Arbeitsplätze verschwinden oder ins Ausland abwandern. Dazu muss sie rasch die ohnehin nötigen Infrastrukturbauten in Auftrag geben und in den Ausbau nachhaltiger Energien investieren. Auf keinen Fall darf sie mit Sparen die Konjunktur abwürgen.

Sie befürworten den Atomausstieg. Würden Sie als gewählter Nationalrat notfalls auch einem Ausstieg light zustimmen? Nein. Ich würde keinem Beschluss zustimmen, bei dem es eine Hintertür gibt. Man hat in Fukushima gesehen, dass immer etwas passieren kann, womit man nicht rechnete.