Votum im Nationalrat 12.Dezember 2018

Wenn wir nach den Tugenden der Schweiz fragen, steht die Hilfe zur Selbsthilfe und die persönliche, private Initiative sicher an prominenter Stelle. Die Genossenschaften sind das lebendige Beispiel dazu: Wirtschaftlicher Zusammenschluss zur Selbsthilfe und Solidarität. Was die alten Eidgenossenen mit ihren Allmendgenossenschaften demonstrierten, ist von Wohnbaugenossenschaften, Einkaufsgenossenschaften, Genossenschaften für die Ver- und Entsorgung wie auch Versicherungen übernommen worden.

Die Aufgabe der Politik ist es, günstige Rahmenbedingungen für die Hilfe zur Selbsthilfe zu schaffen, heute sollen sie dies für die Wohnbaugenossenschaften tun, wie wir dies durch die Bundesverfassung in Art 108 aufgetragen erhalten haben: Förderung u.a. der Tätigkeit von Trägern und Organisationen des gemeinnützigen Wohnungsbaus.

Beide Vorlagen, über die wir heute abstimmen, folgen diesem Verfassungsauftrag: Die Volksinitiative mit einer klaren Zielvorgabe, der Bundesbeschluss im bewährten Rahmen.

Die Situation auf dem Wohnungsmarkt ist heute ist für viele Menschen dramatisch: Renditegetriebene Immobiliengesellschaften treiben die Marktmieten in die Höhe und werden für mittlere und niedere Einkommen nicht mehr bezahlbar. Die Leerstandsquote ist momentan zwar gerade höher ist als auch schon, es fehlt an aber an zahlbaren Wohnungen am richtigen Standort. Das führt nicht nur zu schwierigen Situationen für Einzelpersonen oder Familien.

Viele Gemeinden haben die Vorteile erkannt, wenn ausreichend Wohnungen gemeinnütziger Wohnbauträger zur Verfügung stehen. Angefangen von Einwohnerinnen und Einwohnern, die sesshafter sind, sich in Vereinen und Behörden engagieren und zur sozialen Durchmischung beitragen. Weiter werden die Gemeinden bei den Sozialaufwendungen finanziell entlastet, wenn Familien, Betagte und Personen in Ausbildung mit den ihnen zur Verfügung stehenden Haushaltbudgets auskommen. Studien zeigen, dass sich das Engagement für den gemeinnützigen Wohnungsbau lohnt. Auch darum setzen sich der Städteverband und der Gemeindeverband für die Fortsetzung der Unterstützung von gemeinnützigen Wohnbauträgern ein.

Die Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» will zudem den Gemeinden und Kantonen dazu ermächtigen, Vorkaufsrechte für geeignete Grundstücke zu Gunsten des gemeinnützigen Wohnungsbaus, einzuführen. Eine vom Bundesrat eingesetzte Arbeitsgruppe des Bundesrates hat 2014 dies als mögliches und wirksames Instrument vorgeschlagen und das Bundesamt für Wohnungswesen erklärte, das fakultative Vorkaufsrecht für Gemeinden wäre durch das öffentliche Interesse legitimiert. Leider fehlte dem Bundesrat der Mut, dies dem Parlament vorzuschlagen, so dass es eine Volksinitiative brauchte, um das Thema aufs politische Tapet zu bringen. Wenn 2017 weniger Fonds de Roulement-Gelder als üblich abgerufen wurden, dann hängt es gerade damit zusammen, dass zu wenige spekulationsfreie Areale für die gemeinnützigen Wohnbauträger zur Verfügung standen. Dass sogar die bundesnahen Unternehmen – SBB, Post, RUAG - ihre Areale, die der Bevölkerung gehören, an die Meistbietenden verschachern, damit überteuerte Wohnungen entstehen, ist skandalös und für die Wohnungssuchenden absolut unverständlich.

Ebenso wichtig ist das Eintreten auf den Bundesbeschluss 2 zum Fonds de Roulement. Dieses bewährte Instrument der passiven Unterstützung der gemeinnützigen Wohnbauträger muss weitergeführt werden und die massvolle Aufstockung um 250 Millionen sichert nur gerade die Fortführung auf bescheidenem Niveau.

Aus meiner langjährigen Erfahrung als Gemeindepräsident und der vielfältigen Zusammenarbeit kenne ich die Herausforderungen für Gemeinden und gemeinnützigen Wohnbauträger und ich empfehle Ihnen deshalb die Annahme der Volksinitiative und des Bundesbeschlusses.