April 2010 - Der Ausbruch des Eylafialla-Vulkans auf Island hat uns einige Wochen in Atem gehalten. Natürlich haben mich die eindrücklichen Aufnahmen der Eruptionen in den Bann gezogen. Wie schnell jedoch ein unentbehrliches internationales Transportsystem lahm gelegt wird, hat mir aber auch sehr zu denken gegeben. Ob das restriktive Flugverbot der staatlichen Aufsichtsbehörden gerechtfertigt war oder nicht, bleibe dahin gestellt. Nicht auszudenken jedoch, was man ihnen angelastet hätte, müssten wir die Opfer eines Absturzes beklagen, weil sie die Empfehlungen der Experten in den Wind geschlagen hätten. Immerhin ist in einem Bericht der NZZ zu lesen, dass 80 ernsthafte Vorfälle aus den vergangenen 20 Jahren wegen Vulkanaschewolken belegt sind. Unter anderen wären zwei Boeings 747 mit jeweils fast 500 Personen an Bord beinahe abgestürzt.

 

 

Viel einschneidender als die paar ruhigen Tage, die ich insbesondere am frühen Morgen und am Feierabend sehr genossen habe, sind die mittel- und längerfristigen Auswirkungen auf  den Luftverkehr. So sollen die Flugzeuge nach der Wiederaufnahme des Flugbetriebs halbleer herumgeflogen sein. Wer bucht schon einen Umsteigeflug – z.B. über Zürich mit über einem Drittel Umsteigepassagiere – wenn er riskieren muss, dass er tagelang im Transit stecken bleibt? Und wer hat noch Lust, eine Ferienreise per Flugzeug lange voraus zu buchen, wenn er nicht sicher ist, ob der Flug in seinen Ferien dann stattfinden wird. Da müssten sich die Flughafen Zürich AG, die Swiss und der Kanton Zürich doch ernsthaft überlegen, ob die Hubstrategie, deren Erfolg so sehr von den Umsteigepassagieren abhängt, für den Wirtschaftraum nicht wieder ein erhebliches Risiko darstellt.

 

Das Vulkan-Grounding bestätigt mir einmal mehr, dass die Wachstumsfantasien der Flughafenexperten nach wie vor jeglicher realistischer Grundlage entbehren. Sie planen mit Prognosen, die ein stetiges, unaufhaltsames Ansteigen der Flugbewegungen aufzeigen.  Dabei folgen sich die Einbrüche in der Nachfrage so regelmässig wie die Gewitter im Sommer: Ölkrise, Tschernobyl, Golfkrise, Asienkrise, 11. September, swissair-Grounding, SARS, Asien-Krise, Vogel- und Schweinegrippe, Finanzkrise, Vulkanausbruch, - was erwartet uns wohl als nächstes? Die Idee, dass die Zahl der Flugbewegungen von heute gut 250‘000 auf über 400‘000 bis 2030 ansteigen soll, gleicht einem Blindflug, der schon die swissair in den Abgrund getrieben hat. Nur mit dem ungebrochenen Glauben an ein ungebrochenes Wachstum lassen sich die Pläne für Flughafenausbauten rechtfertigen. Und da es neben Tausenden von betroffenen Anwohnerinnen und Anwohnern auch einige Gewinner gibt, wird wacker weiter an Pistenausbauten weitergeplant.

 

Interessant sind in diesem Zusammenhang auch die Informationen aus der Flughafenleitung. Zumindest für die Flughafen AG wären die Transitwellen gar nicht so lukrativ; mit einer gleichmässigen Verteilung der An- und Abflüge über den ganzen Tag müsste die teure Infrastruktur nicht auf einzelne Tagesspitzen ausgerichtet werden. Das heisst nichts anderes, als dass das heutige Pistensystem - auch mit der unsinnigen Abhängigkeit der swiss von den Transitpassagieren - noch für Jahrzehnte ausreichen würde, - zumindest aber solange es noch Kerosin zum Fliegen gibt.

 

In Erinnerung an den Eylafjalla bleiben auf jeden Fall die faszinierenden Bilder des Schall und Rauchs, in die sich hoffentlich auch die Wachstumsfantasien unserer Luftfahrtexperten auflösen werden.

 

Thomas Hardegger