Saldo

Mittwoch, 28.03.2011 Zürich

Stefan Schuppli

Gut ein Drittel der Passagiere im Flughafen Zürich sind nur Umsteiger. Die Swiss ködert sie mit günstigeren Tarifen.

Die Betreiber des Flughafens Zürich können nicht klagen: Im Jahr 2011 stiegen die Passagierzahlen, die Zahl der Flüge und der Gewinn. Mehr als 24 Millionen Passagiere stiegen in Kloten ZH ein oder aus – über 6 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Gewinn kletterte um über 23Prozent auf 170 Millionen Franken. Zugleich nahm die Lärmbelastung zu. 2010 stieg der Zürcher Fluglärmindex mit rund 51000 stark lärmbetroffenen Bewohnern über
den Grenzwert von 47000 Personen. Vor einer Woche beauftragte der Zürcher Kantonsrat die Kantonsregierung, Massnahmen zu ergreifen, damit dieser Grenzwert eingehalten wird.

23000 Passagiere pro Tag steigen in Zürich nur um

Die Lärmbelästigung ist nicht durchwegs hausgemacht. Das zeigt die Analyse der Passagierzahlen. Nur zwei Drittel der Passagiere, die in Zürich landen, wollen in die Schweiz einreisen oder von hier aus in die weite Welt fliegen. Das restliche Drittel steigt in Zürich lediglich um. Konkret: Von den 24,3 Millionen Passagieren im vergangenen Jahr waren gemäss Flughafenstatistik 8,3Millionen Umsteiger. Das sind pro Tag 23000 zusätzliche Passagiere – oder mehr als 200 Flüge, die im Durchschnitt jeden Tag zusätzlich anfallen. Bei der Swiss beträgt der Anteil an Umsteigepassagieren sogar rund 40 Prozent. Das bestätigte die Airline gegenüber saldo. Der Flughafen Zürich gibt nicht bekannt, wie gross die Zahl der Umsteiger bei andern Fluggesellschaften ist. Thomas Hardegger, Vizepräsident des Schutzverbandes der Bevölkerung um den Flughafen Zürich, kritisiert den Umsteigeverkehr: «Er ist aufgebläht. Die Blase kann jederzeit platzen, denn die Umsteigepassagiere sind nicht kostendeckend.» Die Swiss argumentiert, die meisten Mittelstrecken und Langstreckendestinationen seien auf die zusätzlichen Umsteiger angewiesen. Nur so seien sie rentabel. Dabei spiele die Flugplandichte eine grosse Rolle: Tägliche Verbindungen seien insbesondere für Geschäftsreisende wichtig. Für die ausländischen Passagiere wären Direktflüge viel bequemer. Das weiss auch die Swiss. Deshalb lockt sie die Umsteiger mit günstigen Tarifen. Wer in Zürich umsteigt, zahlt zum Teil markant weniger für ein Ticket als Passagiere aus der Schweiz – obwohl eine Zwischenlandung hohe Kosten für Flugzeugabnützung,
Treibstoff, Flughafentaxen oder den Gepäckumschlag verursacht.

Umsteiger zahlen bis zu 65 Prozent weniger als Passagiere ab Zürich

Einige Preisbeispiele für Swiss-Flüge (1. Mai 2012 Hin- und 8. Mai Rückflug):

  • Johannesburg kostet in der Economy-Klasse als Direktflug ab Zürich zum günstigsten Tarif 1000 Franken. Passagiere ab London via Zürich   zahlen 890 Franken, Passagiere ab Frankfurt via Zürich nur 790 Franken.
  • Moskau kostet direkt ab Zürich 371 Franken, ab Mailand oder London via Zürichjedoch nur 300 beziehungsweise 280 Franken.
  • Der Business-Flex-Tarif für den Direktflug nach Moskau kostet 2699 Franken, ab Mailand via Zürich 1150 Franken, ab London via Zürich 950 Franken.
  • New York kostet direkt ab Zürich in der Business-Klasse rund 4000 Franken, ab London via Zürich jedoch 2350 Franken.

«Die Passagiere ab Zürich subventionieren mit ihren höheren Tarifen die Umsteigepassagiere», kommentiert Thomas Hardegger die Preisdifferenzen. Für die Swiss stimmt die Rechnung: Sie schreibt jedes Jahr stattliche Gewinne, im vergangenen Jahr waren es 300 Millionen Franken.